04.02.2023
Ich muss mal eine Lanze für unsere Männer brechen. In der letzten Zeit hatte ich viele Gespräche mit Klientinnen über ihre Männer. „Mein Mann sollte sich mehr um mich kümmern! Er sollte mich mehr beachten, sollte mir mehr zuhören!“
Unsere Lieben sind in der Lage unsere größten Triggerpunkte zu drücken. Wir regen uns darüber auf, es macht uns schier wahnsinnig, aber was viele nicht wissen: Sie spiegeln uns unbewusst Verletzungen und Themen, die wie eine offene Wunde in unserem Energiesystem klaffen. Eigentlich könnten wir uns bei Ihnen für diesen Dienst bedanken, denn wenn wir darauf aufmerksam werden, dass wir noch ein Thema offen haben, DANN können wir es auch bearbeiten, uns die Geschichte dahinter noch einmal ansehen und Emotionen, die wir damals eingeschlossen haben, für immer aus unserem Energiesystem ablösen.
Denn wenn ich meine Klientinnen frage: „Wie sehr kümmerst du dich um dich? Wie sehr beachtest du deine eigenen Bedürfnisse und wie achtsam hörst du auf deine innere Stimme?“, dann sind wir meistens schon beim Thema angekommen. Wir gehen durch das Leben und denken, dass wir einen Partner brauchen. Natürlich gibt es auch überzeugte Singles die das vehement verneinen und im Widerstand gegen das andere Geschlecht sind, aber im Frieden mit sich und der Situation sind die Wenigsten. Eine Klientin sagte mir kürzlich: „Ich brauche einen Partner, der mich bedingungslos liebt. Dann werde ich mich auch bedingungslos lieben können.“ Leider ist dem nicht so! Die bedingungslose Liebe darf man zunächst in sich selbst finden. Ich habe es selbst erlebt:
Seit 22 Jahren bin ich mit meinem Mann zusammen. Wir sind jetzt seit 19 Jahren verheiratet und er hat mich immer, in jeder Phase meines Lebens, bedingungslos geliebt. Egal ob es mir gut oder schlecht ging, ob ich gesund war oder krank, ob ich blond war, dunkel- oder rothaarig, ob ich 50kg gewogen habe oder 80kg. Es war ihm egal! Und nicht erst, wenn ich gestylt aus dem Badezimmer kam, sondern auch nach dem Aufstehen, wenn mir alle Haare zu Berge standen. Ich wurde bedingungslos geliebt. Und was hat es mir selbst gebracht? GAR NICHTS. Ich selbst war so zerfressen von meinem Selbsthass, dass ich nicht in der Lage war, irgendetwas anzunehmen. Manchmal war ich sogar wütend auf ihn, weil ich nicht nachvollziehen konnte, was er an mir liebt und warum er überhaupt noch mit mir zusammen war. Ich konnte diese Liebe an manchen Tagen nur schwer ertragen. Und doch war er immer mein Fels in der Brandung. Besonders in der Zeit, als ich krank war.
Aber die Selbstliebe konnte ich nur in mir finden. Hand aufs Herz – da bin ich immer noch nicht zu 100% angekommen. Ich bin auf einem guten Weg. Und weil dieser Weg für mich so hart und steinig war, kann ich es sehr gut nachempfinden, wenn jemand in der Selbstverurteilung und im Selbsthass feststeckt. Mittlerweile kenne ich Wege, mich und auch andere davon zu befreien. Es ist keine Zauberei, sondern ein Prozess, der seine Zeit braucht, den man aber sehr gut anstoßen und begleiten kann.
Doch grundsätzlich kommt das männliche Geschlecht nicht gut weg: „Zu abwesend, nicht aufmerksam genug, introvertiert, gefühlskalt, wollen immer nur das Eine, sind rücksichtslos, brutal und haben kaum Empathieempfinden und sind nicht in der Lage, Liebe zu fühlen und weiter zu geben. Außerdem unterdrücken sie die Frauen, sind nicht bereit, ihre Führungspositionen aufzugeben und sind auch in unserer männlich geprägten Sprache vorherrschend.“ So oder so ähnlich klingt es, wenn das Gespräch in Frauenrunden auf das Thema „Männer“ fällt. Aber hier möchte ich gerne dazwischen gehen und für Verständnis werben, denn ich habe in den letzten Monaten viele Sitzungen mit Männern gehabt und durfte mir auch die Kehrseite der Medaille ansehen. Was ich da erlebt und erfahren habe, hat mein eigenes Männerbild stark korrigiert.
Während meiner Ausbildung zur Transformationstherapeutin durfte ich mir überhaupt einmal bewusst machen, wie groß mein Hass auf die Männer wirklich war. Einige Missbrauchsthemen in meiner Vergangenheit hatten dazu geführt, dass ich Männer verachtet und in eine Schublade gesteckt habe. Dass mein eigener Mann ganz anders war, deutete ich immer als „Glücksgriff“ und dass mein Sohn im Teenageralter irgendwann ein Mann sein wird, habe ich mir noch nicht bewusst machen wollen. Jedenfalls bekam ich die Möglichkeit, viele Männer kennen zu lernen. Und angeleitet durch die wunderbare Beatrix Rehrmann, konnte ich in einem intensiven Vergebungsritual endlich einmal alles aussprechen, was mir „die Männer“ angetan hatten. Und ich traf die kraftvolle Entscheidung, ihnen zu verzeihen. Diese Entscheidung wirkt sich noch heute eklatant auf mein Leben und besonders auf meine Arbeit aus.
Denn was finde ich häufig, wenn ich mit Männern eine Bodycodesitzung mache? Eingeschlossene geerbte Emotionen! Von wem? Sehr häufig vom Vater und vom Opa oder Ur-Opa väterlicherseits. Was waren das für Generationen? Das waren die Kriegsgenerationen. Diese Männer haben dort Unvorstellbares erlebt. Und die meisten haben niemals darüber gesprochen. Sie sind einfach verstummt. Ob sie das taten, weil sie nicht die Kraft dazu hatten darüber zu sprechen, weil sie das Erlebte vergessen wollten oder weil sie ihre Lieben davor schützen wollten. Ihnen nicht die Bilder einpflanzen wollten, die sie in ihren Alpträumen Nacht für Nacht aufschrecken ließen, weil das Erlebte zu grausam war, um es zu verarbeiten? Wir wissen es nicht. Aber wir können es erahnen. Besonders weil sehr viele Männer „Herzthemen“ haben, die nicht von ungefähr kommen. Das „gebrochene Herz“ auf der emotionalen und energetischen Seite wird durch das organische Herz gespiegelt. Es zeigt sich durch sämtliche Herzerkrankungen, Herzinfarkte, Herzflimmern, Herzstolpern u.v.m.
Jetzt haben wir neue Männergenerationen, die anders erzogen wurden und die scheinbar diese Themen nicht mehr haben, aber sie stecken im Energiesystem fest. Wurden durch die geerbten Emotionen wie ein Rucksack aufgeschultert, ohne dass jemand etwas davon ahnt. Aber wie sollen denn die Männer für uns sein? Liebevoll, offen, zärtlich, gesprächsbereit, verständnisvoll, weich? Ich finde, dass ein Mann es heute sehr schwer hat, mit diesem emotionalen Gepäck seinen Platz im Leben zu finden. Während meiner Transformationswoche in Sonthofen, im August 2021, gab es einen Frauentag. Die Referentin beschrieb es auf sehr amüsante Weise folgendermaßen: „Wir Frauen gehen auf Männersuche. Und natürlich suchen wir nach dem Wolf. Er ist stark, animalisch, fordernd und für uns Frauen ist es sehr aufregend, ihn zu treffen und eine leidenschaftliche Beziehung mit ihm einzugehen. Aber dann fangen wir an, an ihm herum zu mäkeln. Wir kritisieren hier und korrigieren dort, bis er irgendwann so von uns geformt wurde, wie wir ihn haben wollten. Und was ist dann mit dem ehemaligen Wolf passiert? Er hat sich in ein kleines, liebes Schoßhündchen verwandelt. Und was machen wir dann? Wir ziehen los, um uns wieder einen Wolf zu suchen…!“
Deshalb schreibe ich hier über das Dilemma der Männer. Und wie sie uns scheinbar nichts recht machen können, weil unser Fokus immer darauf liegt, was wir bei unserem Mann vermissen, ihn sogar mit den Männern der Freundinnen vergleichen. Wir können den Fokus aber umlenken, darauf, was wir an unserem Mann gut finden, was liebenswert ist, warum wir uns für ihn entschieden haben. Und wenn wir unser Herz dafür öffnen und mit Dankbarkeit auf all das blicken können, was gut ist, verändert sich sehr viel in der eigenen Wahrnehmung. Dann sind wir auch in der Lage liebevoll auf all die Ecken und Kanten zu blicken, an denen wir uns manchmal stoßen. Und wenn wir dann noch damit anfangen, unseren Männern mitzuteilen, wie dankbar wir sind, passiert etwas Magisches. Denn wenn wir alle in eine „Männerschublade“ packen, nur weil wir im Leben 2 oder 3 Grobianen begegnet sind, nehmen wir uns die Möglichkeit, uns für die zu öffnen, die anders sind. Und Mädels, lasst uns nicht vergessen: Unsere Söhne werden auch zu Männern. Und was empfinden sie, wenn sie uns ständig über das „böse“ Geschlecht lästern hören? Wie sollen sie ihren Weg im Leben ausfüllen? Ihre Rolle als Mann finden? Lasst uns unsere eigenen Verletzungen ansehen und angehen, damit wir mit uns und unseren Männern und damit auch mit unseren Söhnen im Frieden, in der Liebe, der Dankbarkeit und in der Ausgeglichenheit leben können.